Der 25. Juli 1932
- Detlev Kretzer -

Nach dem Sturz des Kaiserreiches fielen die bis dahin gängigen staatlichen Repressionen und Unterdrückungen der Freien Gewerkschaften weg. In den Zwanziger Jahre konnten die Freien Gewerkschaften, die SPD und auch die KPD ihre Mitgliederbasis beträchtlich ausbauen. Bei den Reichtagswahlen 1928 fielen beispielsweise für das Amt Burbach 2.009 Stimmen auf die SPD.

Frühjahr 1932 - die Wahl des Reichspräsdenten und die preußischen Landtagswahlen stehen an. Schon lange gehört Holzhausen zu den Hochburgen der Sozialdemokraten (auch "Eiserne Front" bzw. "Reichsbanner-Schwarz-Rot-Gold") - die Mitgliederstärke der Ortsgruppe Holzhausen , unter ihrem Ortsgruppenführer Otto Schäfer, betrug im April 1933 immerhin 60 Mitglieder. Aber jetzt war eine neue Zeit in Deutschland angebrochen.

Die NSDAP hatte in den vergangenen Monaten ihren Einfluß in der Siegerländer Bevölkerung erheblich verstärken können. Politische Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialisten, Sozialdemokraten und Kommunisten wurden mittlerweile immer heftiger ausgetragen. So kam es im März 1932 zu einem ersten tragischen Zwischenfall in Siegen, wo es am Rande einer SPD Kundgebung in der Oberstadt zu Tumulten kam, bei dem ein 42jähriger Mann durch Schüsse tödlich getroffen wurde. Mit diesem ersten Opfer wurde eine Stufe der Eskalation eingeläutet, die in der Nacht zum 25. Juli 1932 in Holzhausen ihren ersten Höhepunkt erreichen sollte.

 

Siegener Zeitung

Es ist Nacht in Holzhausen. Plötzlich wird die friedliche Stille gestört: Kaum hörbar tauchen plötzlich dunkle Gestalten in den Gassen des kleinen Dorfes auf und machen sich heimlich in kleinen Gruppen an den Hauswänden einiger Gebäude zu schaffen. Bewaffnete Männer in SA-Uniformen bemühen sich im blassen Licht des Mondes sozialdemokratische Fahnen von Wohnhäusern zu entfernen, die sich schon seit Tagen trotzig im Winde drehen. Vorsichtig machen sich die Männer an den Fahnenstangen zu schaffen - sichtlich bemühlt, keinerlei verdächtige Geräusche zu macht. Doch halt! Trotz aller Vorsicht ist die Aktion der SA von einem Hausbewohner nicht unbemerkt geblieben: Der junge Schlosser Siegfried Betz wird durch Geräusche geweckt, öffnet das Fenster zu Strasse hin, erkennt die Lage und will offensichtlich Alarm schlagen. Doch da verliert ein SA-Mann die Nerven, zieht die Waffe und schießt. Siegfried Betz bricht schwer verwundet zusammen. Am 7. bzw. 8. August 1932 erliegt er - kaum 22 Jahre alt - im Dillenburger Krankenhaus seinen Verletzungen.

Foto: privat

Kurze Zeit später wird der Sarg nach Holzhausen überführt, wo er zunächst in den Räumen der alten Schule ehrenvoll aufgebahrt wird. Eine riesige Menschenmenge schließt sich vor der alten Schule zu einer Kundgebung zusammen - danach wird der Sarg in einem ehrenvollen Geleitzug durch den Ort zum Friedhof geführt.

Vor der Alten Schule in Holzhausen

Nach Augenzeugenberichten wird der Trauerzug - angeführt durch uniformierte Sozialdemokraten - an verschiedenen Punkten der Route durch weitere Kundgebungen unterbrochen. So beispielsweise an der Ecke Hickengrund- und Färberstraße.

Foto: privat

Vor dem Haus Lengenberg, Färberstraße (jetzt Nies)

Nach der gewaltsamen Zerschlagung der Arbeiterparteien zu Beginn des Jahre 1933 durch Beschlagnahmung von Vermögen, Besetzung der Gewerkschaftshäuser, Repressalien, Verhaftungen und Ermordung von führenden Funktionären wurde im Mai 1933 entgültig der Aufstieg des Nationalsozialismus besiegelt. Die schrecklichen Folgen sind hinreichend bekannt.

Quellen:
[1] Pfau, Zerschlagung von Arbeiterbewegung und Gewerkschaften 2003
[2] Diverse Augenzeugenberichte