Als die königlich-preußische Eisenbahn Mitte des vorigen
Jahrhunderts beschloß, ihre geplante Strecke Köln-Gießen
durch den Hickengrund zu führen, ahnte sie nicht, daß ein paar
wackere Fuhrleute und Einwohner dieser Gegend zu einem fürchterlichen
Schlag gegen sie ausgeholt hatten, der ihr Projekt ernsthaft gefährden
sollte. „Wir“, so sagten die Verschwörer allenthalben und jedem der
es hören wollte, „wir fahren billiger als die Bahn!“ Also wurde ein
Bahnhofsbau im Hickengrund von den Fuhrleuten abgelehnt, und der Wettkampf
zwischen Kohle und Hafer, genauer gesagt zwischen Dampfkraft und Pferdestärken,
nahm seinen Anfang.
War es ein Wunder, daß der Heizer auf seiner Lokomotive besonders
viel Dampf machte, wenn sich sein Zügle dem Hickengrund näherte
- oder daß die Pferde der Fuhrleute in just demselben Moment besondere
Rationen Hafer bekamen? Nach etlichen Jahren, als die Kohlen billiger,
der Hafer jedoch teurer wurde, begann man in gewissen Kreisen einzusehen,
daß es, wenn auch nur aus erwähntem Grunde, vielleicht doch
angebracht sei, zusätzlich eine Station zu beantragen. Denn selbst
die eingefleischtesten Pferdeliebhaber konnten es schlecht verstehen, daß
sie, um mit dem Zug fahren zu können, erst einmal nach Haiger oder
Burbach laufen sollten, um dann unter Umständen etliche Stunden später
den selben Weg auf den Schienen zurückzukehren und die Reise dann
sozusagen im fliegenden Start anzutreten.
Darauf wurde eine Abordnung gewählt, die der königlich-preußischen
Eisenbahngesellschaft das Wohlwollen der Hickengründer Fuhrleute übermitteln
sollte, das sich in Worten ausgedrückt ungefähr so anhören
sollte:
Sie, die Hicken, hätten im Prinzip nichts mehr gegen einen Bahnhof
einzuwenden - nicht weil man die Aussichtslosigkeit des Konkurrenzkampfes
eingesehen habe, im Gegenteil, sondern eben nur, Hafer wie gesagt teurer
geworden wäre!
Indes, die Abordnung, die mit ihrer Petition im übrigen Erfolghatte,
wählte klugerweise andere Worte, in herrliche Verse gefaßt,
von denen der letzte, der im übrigen den Erfolg und damit den Bahanhofsbau
sicherstellte, lautete:
„Ihr Herren, wie der Hirsch schreit nach einer frischen Quelle
So schreit der Hick nach einer Haltestelle!„