In einem längeren Artikel im Heimatspiegel beschreibt der Chronist
unter anderem, wie es früher oft nach der Konfirmandenstunde zuging.
Sie fand ja in Dresselndorf statt, im ‘Pärrsaal‘, d.h. in der alten
umgebauten Pfarrscheune, die gegenüber dem Spritzenhaus stand. Der
Chronist berichtet: Kaum hatte der Pfarrer sein Schlußgebet gesprochen,
stürmten die Jungen zuerst durch die Türe -die Mädchen hielten
sich bescheiden zurück - und, sobald man aus Sichtweite des Pfarrers
war, fielen die ersten Schimpfworte, und das Gerangel ging los. Meist wurden
die Fäuste, Hände und Ellbogen gebraucht. Stöcke und Steine
waren verpönt. Durch lautes Rufen und Gejohle versuchten die einzelnen
Parteien sich anzuspornen, bis eine die Oberhand gewann und die andere
zu laufen begann. Das war meist im ‘Hieleweg‘ der Fall. Da spielte natürlich
die Gunst des Geländes auch eine Rolle, und die Holzhäuser mußten
laufen. Da gab es kein Halten. Die Dresselndorfer hinterher, die Gunst
des Geländes ausnutzend. Aber bei ‘Bauersch Heppelche‘ wandte sich
dann meist das Blatt wieder, und die Holzhäuser trieben die Dresselndorfer
wieder bis an die Lützelbachbrücke zurück. Dann war man
meist des Treibens müde, und man trennte sich. Nun fing das Rühmen
und Rausstreichen einzelner an, und den auf diese Weise Hervorgehobenen
schwoll die Brust vor Stolz. Im Winter wurden die Kräfte durch Schneeballschlachten
gemessen, die meist weniger schmerzhaft endeten als die Schläge mit
Fäusten und Händen.
Jugendliche Rangeleien. Ich wüßte nicht, daß es irgendwann
einmal zu ernstlichen Verletzungen oder Schädigungen gekommen wäre.
Heute würde man sagen: „Aggression und Frust wurden auf diese Weise
abgebaut.„ Wer kann von einem Dreizehn-/Vierzehnjährigen verlangen,
daß er auf dem Wege von oder zur Konfirmandenstunde mit der nötigen
Besinnlichkeit einhergeht. So wurde denn unterwegs noch allerhand Schabernack
begangen. Besonders im Herbst lockten überall am Wege süße
Früchte. Beim letzten Haus am Weg bei Herings stand ein
Birnbaum, der oft nicht ungeschoren davonkam. Im Hoorfeld reiften die Möhren
und Kohlraben, und manch einer sprang schon mal über die Chaussee-graben
und holte sich diese Gemüse. In Dresselndorf standen vor Heppnersch
Haus zwei mächtige Weißbirnbäume. Die trugen fast jedes
Jahr, und ihre Früchte waren süß und saftig. Wenn dann
die Zeit der Reife gekommen war, lag der Boden meist dicht gesät von
Birnen. Einer der Jungen wurde vorgeschickt, der die Lage «peilen«,
d.h. feststellen mußte, ob jemand im Hause war. Wenn die Luft rein
war, gab er einen Wink, und wir stürmten hin und machten uns die Taschen
voll. Natürlich wurde gleich tüchtig reingehauen, und die ‘Krutze‘
dienten dann als Wurfgeschosse gegen die Mädchen. Oft wurden wir aber
auch erwischt, und Heppnersch Martha kam aus der Küche und rief uns
zu: «Ihr bijse Jounge, macht err oich fort, harrer de Gebote noch
net gelärnt!«. Das hinderte uns aber nicht, auf dem Nachhauseweg
wenigstens den Versuch noch einmal zu machen. So ändern sich die Zeiten.
Wer würde sich heute noch wegen ein paar Möhren oder Kohlraben
die Turnschuhe schmutzig machen? Wer kennt heute noch ‘Schmaalz- oder Weissbiern‘??